Kommt die Rentenversicherungspflicht für Selbständige?
Die Idee, Selbständige und Freiberufler zur Altersvorsorge zu verpflichten, geistert bereits seit einigen Jahren durch Berlin. Immer wieder gelangten Gedankenspiele an die Öffentlichkeit – passiert ist im Nachgang dann aber nichts. Nun kündigte Bundessozialminister Hubertus Heil aber, bis Ende 2019 einen Gesetzentwurf an, der Selbständige zur Altersvorsorge verpflichtet – und dann kann alles sehr schnell gehen. Wir möchten, dass Sie zumindest grundsätzlich vorbereitet sind, um sich zu gegebener Zeit richtig entscheiden zu können.
Der Grund für die Verpflichtung ist recht einfach: Wir haben rund 3 Mio. „Einzelkämpfer“ unter den Selbständigen im Land. Etwa die Hälfte davon hat nicht oder nicht ausreichend fürs Alter vorgesorgt. Über die Grundsicherung, eine Art Sozialhilfe für Rentner, kommt die Gesellschaft bereits heute für Selbständige im Ruhestand auf, die – meist bedingt durch niedrige Einkommen – nicht selbst für eine auskömmliche Altersvorsorge sorgten. Dieses Problem möchte der Gesetzgeber natürlich eindämmen.
Es wurde bereits offen darüber gesprochen, dass Selbständige dann die Wahl zwischen der Gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) und einer Basisrentenversicherung haben werden – sofern für die eigene Berufsgruppe existierend, kann auch ein berufsständisches Versorgungswerk gewählt werden. Man darf davon ausgehen, dass sich hinsichtlich des zu zahlenden Beitrags stark an der GRV orientiert wird. Das würde bedeuten, dass Sie gemäß aktuellem Beitragssatz 18,6 % Ihres jährlichen Einkommens nachweislich in einer der genannten Altersvorsorgeformen einzahlen müssen. Im Zweifelsfall ist Bemessungsgrundlage wohl Ihr Gewinn. Da es ihn in der GRV wie auch in Versorgungswerken gibt, wird man sich auch auf einen Mindestbeitrag einstellen müssen, der eingezahlt werden kann. Allerdings gibt es dann wohl auch eine Höchstgrenze, die GRV und Versorgungswerk ebenfalls kennen. Das kann dann bei höheren Einkommen wieder zum Problem werden, da eine Begrenzung der Beitragshöhe auch eine Begrenzung der zu erwartenden Rente bedeutet. Und dann die Frage: Für welchen Lösungsweg soll man sich entscheiden? Durchleuchten wir daher kurz den grundsätzlichen Charakter der (wohl) möglichen Wege, Altersvorsorge zu treffen:
Die Gesetzliche Rentenversicherung
Versorgung auf Basis des Solidarprinzips zwischen den Generationen. Die arbeitende Generation zahlt ein und damit quasi die Rente der Generation im Ruhestand. Sie sparen hier keine Rente an, sondern erwerben – abhängig von Höhe des geleisteten Beitrags und Dauer der Einzahlung – Entgeldpunkte und über diese eine Anwartschaft. Was das in Euro und Cent am Ende bedeutet, wie jährliche Steigerungen ausfallen und wie sich das Beitragsgefüge ändert, entscheidet letztlich der Gesetzgeber. Dabei ist es keinesfalls so, dass irgendwo ein Kapitalstock oder andere Werte angesammelt werden würden. Bereits heute wird die Rentenkasse mit fast 100 Mrd. Euro aus Steuergeldern bezuschusst, damit genug Kapital für alle anstehenden Rentenzahlungen vorhanden ist. In einer Gesellschaft, in der Ruheständler immer länger leben, die jungen Jahrgänge durch den Trend zum Studium immer später ins Berufsleben einsteigen und rein von der Stückzahl her eher weniger werden, kann so ein System anders auch nicht mehr funktionieren. Natürlich hat man als Sicherheit den Staat als eine Art Bürgen, der für die Erfüllung der erworbenen Anwartschaften sorgen wird. Ob er diese dann wie bisher wachsen lässt, wird die Zeit zeigen.
Berufsständische Versorgungswerke
Versorgungswerke gibt es z. B. für Ärzte, Apotheker, Architekten, Notare, Rechtsanwälte, Steuerberater bzw. Steuerbevollmächtigte, Tierärzte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Zahnärzte sowie selbstständige Ingenieure und Psychotherapeuten – also bei Weitem nicht für jede Berufsgruppe. Vom Grundgedanken her bilden alle Mitglieder im aktiven Berufsleben mit ihren Einzahlungen einen Kapitalstock, aus dem die Rentenanwartschaften der Ruheständler erfüllt werden. Grundsätzlich spart man sich hier seine eigene Rente an, da die Zahlungen aus dem Kapitalstock und dessen Zinserträgen erbracht werden. Allerdings gibt es einzelne Versorgungswerke, die – so unglaublich einem das vorkommen mag – erst vor wenigen Jahren auf ein Umlageverfahren ähnlich der GRV umgestellt haben. Der Hintergrund liegt in der anhaltenden Niedrigzinsphase und den Problemen, so die Leistungsverpflichtungen erwirtschaften zu können. Die Leistungsversprechen an die heutigen Einzahler sind damit ein Problem künftiger Entscheider. Was passiert, wenn das Geld nicht reicht? Gab es auch schon: Dann werden die laufenden Rentenzahlungen gekürzt. Plötzlich 30 % weniger Rente zu erhalten, ist keine angenehme Überraschung. Wer in einem Versorgungswerk ist, sollte daher evtl. eher darüber nachdenken, sich parallel ein zweites Standbein fürs Alter aufzubauen – evtl. schon deshalb, weil der Höchstbeitrag keine Rente zulässt, die mit dem gewohnten Einkommen harmoniert.
Basisrentenversicherung
Bei der Basisrente sparen Sie tatsächlich nur für sich selbst Kapital für Ihren Ruhestand an. Sie entscheiden, wie die Anlage aussehen soll – klassisch-konservativ? Ertragsorientiert? Nachhaltig und ökologisch? Die garantierte Rente kann Ihnen niemand kürzen, dazu kommt die reelle Chance auf Mehrrente durch Überschüsse und Erträge. Von den vorgestellten Lösungswegen bietet sie wohl das größte Maß an Planungssicherheit für Ihren dritten Lebensabschnitt. Das heißt für Sie und Ihre Familie. Mehr muss dazu nicht gesagt werden, oder? Was alle drei Formen gemeinsam haben Alle drei Formen zahlen Ihnen bis zu Ihrem Tod eine Rente. Alle sehen eine Hinterbliebenenversorgung für Ehegatten vor – auch wenn Sie vor Erreichen des Rentenalters versterben. Beiträge für alle drei Formen können in sehr hohem Maß steuerlich gelten gemacht werden.
Der Gesetzgeber wird Selbständige früher oder später in die Eigenverantwortung zwingen. Hoffen wir, dass es dabei bleibt, dass dann auch eine Basisrente gewählt werden kann. Alles andere gleicht dem Satteln toter Pferde.
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