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Neue Regelung zur Sozialversicherungspflicht für Familienunternehmen

Neue Regelung zur Sozialversicherungspflicht für Familienunternehmen

Neue Regelung zur Sozialversicherungspflicht für Familienunternehmen

Besonders in kleineren Betrieben packen Familienmitglieder häufig mit an – entweder als gelegentliche Aushilfen, Angestellte oder auch als Auszubildende. Doch Unternehmer müssen hier einige wichtige Regeln beachten. Wer dies nicht tut, kann böse Überraschungen erleben. Für viele kleine und mittelständische Unternehmen ist es eine Hiobsbotschaft:
Bisher gingen viele Unternehmen davon aus, dass ein mitarbeitender Angehöriger jedenfalls dann von der Sozialversicherungspflicht befreit war, wenn dies im Rahmen einer Betriebsprüfung der Deutschen Rentenversicherung unbeanstandet blieb.

Und genau das soll jetzt nicht mehr so sein? Was ist mit dem „Grundsatz des Vertrauensschutzes“? Schütz dieser uns nicht genau vor derart willkürlichen Regeländerungen? Beim Vertrauensschutz handelt es sich um einen Rechtsgrundsatz, der besagt, dass ein vom Bürger entgegengebrachtes Vertrauen von der Rechtsordnung zu schützen ist. Jeder Bürger darf sich sinngemäß auf die bestehende Rechtslage verlassen, ohne bei Gesetzesänderungen nachteilige Rückwirkungen erwarten zu müssen.

In einer Reihe von Urteilen hat das BSG nun (letztes Urteil vom 19. September 2019, AZ: B 12 R 9/19 R) letztinstanzlich festgestellt, dass ein bloßes Betriebsprüfungsergebnis keinen  Vertrauensschutz begründet. Eine nachträglich geänderte sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von familienhaft mitarbeitenden Angehörigen durch die Betriebsprüfer der Deutschen Rentenversicherung sei daher zulässig. Ein Vertrauensschutz sei nur dann gerechtfertigt, wenn die Betriebsprüfung mit einem formellen Bescheid (Verwaltungsakt) beendet wird. Bereits vor mehreren Jahren entschied das BSG, dass im Hinblick auf die Versicherungspflicht der familienhaft mitarbeitenden Angehörigen von Familiengesellschaften kein Vertrauensschutz in die sogenannte „Kopf-und-Seele“-Rechtsprechung besteht. Nun ist es also zulässig, dass die Deutsche Rentenversicherung rückwirkend ab 2012 Sozialversicherungsbeiträge einfordert. Damit sich Familienangehörige in einem Betrieb von der Sozialversicherungspflicht befreien können, mussten schon immer enge Voraussetzungen erfüllt werden. Damit nun im Nachgang keine Rückzahlungen zur Sozialversicherung drohen, ist es wichtig, vorab zu klären, ob die vom Familienmitglied geleistete Arbeit sozialversicherungspflichtig ist oder nicht.

Wann gilt die Sozialversicherungspflicht?
Je nachdem, wie das Beschäftigungsverhältnis ausgestaltet wird, liegt eine Sozialversicherungspflicht vor oder nicht. Bei mitarbeitenden Familienangehörigen unterscheidet man zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis, familienhafter Mitarbeit oder einer Mitunternehmerschaft. Abhängige Beschäftigugngsverhältnisse sind sozialversicherungspflichtig und liegen vor, wenn:
• der mitarbeitende Familienangehörige in den Betrieb eingegliedert ist,
• er dem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (kann bei Verwandten abgeschwächt sein),
• das Entgelt einen angemessenen Gegenwert für seine Arbeit darstellt,
• das Entgelt dem Angehörigen zur freien Verfügung ausgezahlt wird,
• die steuerliche und buchhalterische Behandlung des Entgelts für ein solches spricht, beispielsweise durch Abführung von Lohnsteuer, Verbuchung als Betriebsausgabe,
• anstelle des Angehörigen eine fremde Arbeitskraft beschäftigt werden müsste.

Familienhafte Mitarbeit
Bei einer sogenannten familienhaften Mitarbeit besteht keine Sozialversicherungspflicht. Damit es sich um eine familienhafte Mitarbeit handelt, dürfen Leistung und Gegenleistung aber in keinem ausgewogenen Verhältnis stehen, sprich: Vor allem die Bezahlung muss vom üblichen Durchschnitt abweichen. Familienhafte Mitarbeit besteht ferner, wenn der Familienangehörige nur gelegentlich und unregelmäßig gegen Bezahlung aushilft und keine angemessene Bezahlung für dessen Arbeitsleistung gewährt wird.
Mitunternehmerschaft
Von einer Mitunternehmerschaft spricht man, wenn der Angehörige das wirtschaftliche Risiko des Betriebs mitträgt. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn Kredite für das Unternehmen oder Bürgschaften für den Ehepartner aufgenommen wurden. Nicht selten werden in Eheverträgen Gütergemeinschaften vereinbart, bei denen auch der Betrieb zum Gesamtgut gehört; auch hier handelt es sich um eine Mitunternehmerschaft. Gilt der Angehörige also als Mitunternehmer und trägt das wirtschaftliche Risiko mit, so liegt keine Sozialversicherungspflicht vor. Es handelt sich jedoch um keine Mitunternehmerschaft, wenn die persönliche Arbeitsleistung des Angehörigen im Vordergrund steht. Dies ist etwa dann der Fall, wenn kein nennenswertes Kapital in das Gesamtgut fällt. Zum Gesamtgut zählen unter anderem Betriebsgrundstücke, -gebäude und -anlagen sowie Anlage- und Umlaufvermögen. Wird dieser Wert um das Sechsfache des Jahresarbeitsentgelts, das mit dem jeweiligen Familienmitglied vereinbart wurde, überschritten, so ist die Mitunternehmerschaft von untergeordneter Bedeutung und es liegt eine Sozialversicherungspflicht vor.
Was ist nun zu beachten?
Wurde ein Familienangehöriger lediglich im Rahmen eines Prüfungsergebnisses ohne formellen Bescheid eingestuft und dies stellt sich bei einer Prüfung im Nachgang als fehlerhaft heraus, drohen dem Betrieb Nachzahlungen zur Sozialversicherung im fünf- bis sechsstelligen Bereich!
Auch wenn vorhergehende Betriebsprüfungen positiv ausgefallen sind, ist dies keine rechtssichere Grundlage, auf die sich Unternehmer berufen können. Das bringt besonders kleine Unternehmen in eine prekäre Lage. Denn gerade diese sind davon betroffen und können so in finanzielle Notlagen geraten. Damit jedoch zukünftig Rechtssicherheit besteht, verpflichtet das Urteil zugleich die Betriebsprüfer, künftige Betriebsprüfungsergebnisse stets mit einem formellen Bescheid festzuhalten.
Und nun? – Was tun?
Es werden innerhalb der nächsten vier Jahre alle Beschäftigten in Ihrem Familienunternehmen geprüft, inklusive Gesellschaftsgeschäftsführer und Familienmitglieder. Wie sieht ein etwaiger Ausweg aus? Eine Möglichkeit ist es, die Satzung anzupassen.

Kommen Sie gerne auf uns zu! Gemeinsam finden wir eine Lösung, die speziell auf Sie und Ihre Situation abgestimmt ist.

Ihr ANCORA Team!